Wettbewerb

2. Rang 2019

Auftraggeber

Kantonsspital Aarau AG

Architekten

David Chipperfield Architects, Berlin / Itten+Brechbühl AG

Generalplanung

Allreal Generalunternehmung AG, Zürich

Visualisierungen

© David Chipperfield Architects

Geschossflächen

54 000 m2

Bauvolumen

540 968 m3

Parkplätze

460

Betten

472

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Aarau, Schweiz

Kantonsspital

Wettbewerb 2. Rang, 2019

Der Heilung Raum geben

Im gegenwärtigen Spitalbau deutet sich ein Paradigmenwechsel an, bei dem der Mensch wieder stärker in den Mittelpunkt und die notwendige «Spitalmaschine» in den Hintergrund tritt - das Krankenhaus wird zum Gesundheitsbau. Für das Kantonsspital Aarau besteht die Chance, ein Haus mit menschlichem Massstab zu entwickeln, das der Heilung in ihren vielfältigen Facetten einen angemessenen urbanen und architektonischen Raum bietet.

Zur Zeit der Inbetriebnahme 1887 bestand die kantonale Krankenanstalt Aarau aus einer weitläufigen Parkanlage, in die freistehende pavillonartige Gebäude eingebettet waren. Licht, Luft und Grün wurden als essentielle Elemente zur Förderung der Heilung erachtet. Diese enge Verbindung von Architektur und Natur ist über die Jahre durch eine Vielzahl baulicher Eingriffe verloren gegangen.

Städtebauliches und architektonisches Konzept

Ziel des Entwurfes ist es, den historischen Charakter des Kantonsspitals als Haus im Park wieder zu gewinnen – im Rahmen eines zeitgemässen Konzeptes, mit dem die gegenwärtigen Defizite wie mangelnde Verbindung und Flexibilität vermieden werden.

Durch eine Staffelung im Grund- und Aufriss verschränkt sich das Gebäudevolumen mit dem Naturraum. Das Haus passt sich dabei an den Massstab der Umgebung an, sein Volumen ist nie als Ganzes erfassbar. Die Parklandschaft wird über Dachgärten und eine Vielzahl von begrünten Innenhöfen tief in das Innere des Gebäudekomplexes hineingeholt. Die Omnipräsenz von Natur und natürlichem Licht im Haus, die vielfältigen Bezüge zwischen Innen und Aussen, Nähe und Weite, zwischen Haus, Park und Stadt werden zum wesentlichen Merkmal des neuen Kantonspitals.

Das Haus ist in einer einfachen, funktionalen Grundstruktur organisiert, die durch Ihre Klarheit die Orientierung erleichtert: Drei Sockelgeschosse nehmen die öffentlichen Bereiche, die Behandlung und Arztdienste auf. Sie erlauben durch ihre horizontale Anordnung vielfältige Verbindungen der Funktionsbereiche auf einer Ebene. Über dem Sockel liegen fünf Obergeschosse als halboffene Kammstruktur mit viel Tageslicht und weiten Ausblicken, dort ist überwiegend die Pflege untergebracht. Dazu kommen zwei Untergeschosse für die Infrastruktur.

Vom Park aus gelangt man über einen Eingangshof und den Haupteingang in die zentrale zweigeschossige Halle, die als grösster Innenraum das halböffentliche Zentrum des Spitals bildet. Die Halle ist ein Ort des Ankommens, der Information und Begegnung, sie fördert Austausch und Informationsfluss zwischen den verschiedenen Nutzergruppen, bietet angenehme Warte- und Aufenthaltsbereiche und eine klare Orientierung. An der Halle liegen auch die öffentlichen Lifte als zentrale vertikale Erschliessung.

Parallel zur Halle im Sockel sind die beiden Flügel der Obergeschosse verbunden über zwei halböffentliche Lobbyzonen mit Aufenthaltsbereichen, die weite Ausblicke über die Dachgärten in die Landschaft bieten. Von dort gelangt man in die Abteilungen.

In seinem architektonischen Ausdruck wird das Haus bestimmt durch eine allseitig umlaufende Loggiazone als Verschränkung von Innen und Aussen, die an die Loggien und Arkaden der historischen Spitalgebäude erinnert. Mit ihrem im Tages- und Jahresverlauf wechselnden Spiel von Licht und Schatten prägt sie massgeblich das Erscheinungsbild des Hauses, zudem dient sie als feststehender Sonnen- und Witterungsschutz, als Wartungsweg, als Zugang für die Feuerwehr und soweit möglich als Austritt.

Die Materialien des Hauses sind langlebig und unterhaltsarm, sie können im Alter Patina entwickeln. Die äussere Fassadenstruktur besteht aus hellen Sichtbetonfertigteilen mit Natursteinzuschlag, deren Oberfläche teils sandgestrahlt, teils geschliffen ist. Die innere Fassade ist als hochdämmende Elementkonstruktion in hellbronzefarben anodisiertem Aluminium konzipiert.

Auch im Inneren sind die tektonischen Elemente wie Stützen Kerne und die Halle in Sichtbeton gehalten. Daneben kommen je nach Bereich Bodenbeläge aus Betonwerkstein, Kautschuk oder Holz zum Einsatz, die Decken sind reversible Lochblechelemente. Wandelemente wie Türen, Einbaumöbel und Innenverglasungen sind farbig lackiert, der Wandschutz besteht aus farblich korrespondierendem Kautschuk.

Insgesamt bestimmt damit die Spannung zwischen Innen und Aussen, Licht und Schatten, zwischen fixer, harter Struktur und leichter, weicher Haut den architektonischen Ausdruck des Hauses.

Die Konstruktion des Hauses basiert konsequent auf einem durchgängigen, ungerichteten Grundraster von 8,40 m, das für unterschiedlichste Nutzungen geeignet ist und dadurch eine hohe Flexibilität in der Anordnung von Funktionsbereichen bietet. Die gewählten Raumhöhen bieten Installationsreserven und ermöglichen Nutzungsänderungen. Die gerasterte und elementierte Fassade erlaubt durch regelmässige Pfosten alle 1,40 m flexible Anschlusspunkte für innere Trennwände.

Durch die insgesamt hohe Flexibilität und die konsequente Systemtrennung besteht die Möglichkeit der Umnutzung durch innere Reorganisation. Mittelfristig kann die Gesamtstruktur wachsen, entweder durch die Verlängerung der Flügel nach Norden oder durch eine Erweiterung nach Westen. Langfristig gibt es zudem Erweiterungspotential auf dem Gelände des Parks westlich der Promenade.

Freiraum und Verkehr

Das durch den bestehenden umlaufenden Baumsaum gefasste Gesamtareal wird ähnlich der historischen Situation in zwei Bereiche gegliedert: einen östlichen Teil, der das neue Kantonsspital aufnimmt, und einen westlichen Bereich, der diesem als weitläufiger, öffentlich zugänglicher Park gegenübersteht. Dieser neue Landschaftspark verbindet das Spitalsareal mit der umgebenden Gartenstadt und bietet als «grüne Lunge» eine hohe Qualität für das Quartier.

Im Zentrum des Parks liegt eine Abfolge von Freiräumen entlang einer Promenade, die zwischen Gebäude und Park vermitteln. Sie beziehen sich räumlich auf das historische Haus 22 und verbinden das Areal an zwei Seiten mit der Stadt: im Norden über die reaktivierte historische Kastanienallee und im Süden nahe dem jetzigen Arealszugang.

In diesem Bereich sind das Ankommen mit dem Bus, Velostellplätze, sowie die Spitalvorfahrt mit Kurzzeitparkplätzen organisiert. Die Zufahrt «Notfall» erfolgt an der Ostseite ab der Südallee mit eigener Vorfahrt und Parkplätzen. Damit ist das Areal weitgehend frei von motorisiertem Verkehr gehalten.

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